Die Lücken im Bereich der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik), speziell bei den Lehrkräften, sind groß und werden weiter zunehmen. Maßnahmen zur Behebung dieses Problems müssen deshalb dringend umgesetzt werden, so der alarmierende Appell des MINT-Herbstreport 2023 des Nationalen MINT-Forums, der Anfang November in Berlin vorgestellt wurde.
Bereits jetzt besteht im gesamten MINT-Bereich ein großer Mangel an Arbeitskräften. Im September 2023 waren 476.400 Stellen zu besetzen, der Bedarf wird in Zukunft weiter zunehmen. In einer Sonderauswertung beschäftigten sich die Autor*innen des Reports speziell mit den Lücken im Bereich der MINT-Lehrkräfte. Durch die steigende Zahl der Schüler*innen wird sich in den nächsten Jahren parallel der Bedarf an Lehrkräften erhöhen, speziell im Bereich der MINT-Fächer. Um den MINT-Bereich voranzubringen und diese Lücken zu schließen, enthält der Report generelle sowie speziell auf den Lehrkräftemangel bezogene Handlungsempfehlungen.
Die Schüler*innenzahl wird in den nächsten Jahren steigen. Im Schuljahr 2031/2032 wird ein Anstieg auf 12 Millionen Schüler*innen erwartet. Daraus resultiert ein entsprechend erhöhter Lehrkräftebedarf. Der Lehrkräftebedarf wird voraussichtlich im Schuljahr 2032/2033 seinen Höchststand erreichen. Der Report geht von einem Bedarf an 782.000 Lehrkräften an deutschen Schulen aus. Davon entfallen ca. 133.000 auf die MINT-Fächer. Im Vergleich zum Bedarf an MINT-Lehrkräften in 2021/22 stellt dies einen Anstieg von 17,6 Prozent dar. Die erwartete Lücke beträgt im Schuljahr 2034/35 bei ca. 76.000 fehlenden Vollzeitkräften. Von dieser Lücke entfällt mindestens ein Drittel auf MINT-Lehrkräfte.
Mit Hinblick auf diese Entwicklung ist die Nachwuchslage problematisch: Im Schuljahr 2018/2019 wurden noch 35.800 Person in den öffentlichen Schuldienst eingestellt. Vier Jahre später waren es ca. 2.000 Einstellungen weniger. Auch die Anzahl der Referendar*innen ist seit dem Schuljahr 2019/2020 gesunken. Ein Lichtblick ist der Anstieg der Studierenden in den höheren Semestern, nach einem sehr starken Rückgang in den letzten Jahren. Auch besteht eine steigende Tendenz der Erstsemesterstudierenden, welche sich für ein Lehramtsstudium entscheiden. Problematisch für den MINT-Bereich ist jedoch, dass im Wintersemester 2021/2022 nur 13,5 Prozent der Lehramtsstudierenden ein MINT-Fach als erstes Studienfach belegt haben.
Der Report stellt einige Handlungsempfehlungen zur Stärkung des MINT-Bereichs vor. Vor allem die MINT-Bildung soll optimiert werden. Vorgeschlagene Maßnahmen liegen im Bereich der frühkindlichen Bildung, der Umsetzung von Förderangeboten sowie der Digitalisierung von Bildungseinrichtungen. Speziell der Umgang mit Künstlicher Intelligenz soll in die Lehre etabliert werden. Gleichzeitig soll eine klischeefreie Berufs- und Studienorientierung gefördert werden, um mehr Frauen für den MINT-Bereich zu gewinnen.
Um speziell dem Lehrkräftemangel im MINT-Bereich entgegenzuwirken, wurden zehn Empfehlungen zur Sicherung des Lehrkräfteangebots vorgestellt. Die Empfehlungen beziehen sich auf Maßnahmen im Lehrer*innenberuf sowie in der Ausbildung und der Gewinnung von Lehrkräften.
Um überhaupt Studieninteressierte für das Lehramtsstudium im MINT-Bereich anzuwerben, soll die besondere Bedeutung von MINT für die herausfordernden Themen der Gegenwart, speziell des Klimaschutzes, verdeutlicht werden. Es soll gezeigt werden, dass gute MINT-Lehrkräfte bei Schüler*innen das Interesse an MINT wecken können und damit einen Betrag zum Thema Klimaschutz leisten.
Der Report empfiehlt auch Maßnahmen innerhalb des Lehramtsstudiums. Ein Baustein ist die Steigerung der Wertschätzung der Lehramtsstudierenden in den MINT-Fächern an Hochschulen. Daraus würde eine fachliche Begeisterung und eine geringere Abbruchquote resultieren. Erreicht werden soll dies durch ein erhöhtes Budget der Organisationseinheit.
Daneben sieht der Report eine Chance in dem Ausbau von Universitätsschulen. Diese verbinden die wissenschaftliche und praktische Ausbildung miteinander und sollen so eine qualitativ hochwertige Lehrkräfteausbildung garantieren. Genauso soll die Ausbildung von Berufschullehrer*innen an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften erweitert werden. Gerade an den HAWs wird sich der Fachkräftemangel zuspitzen. Durch die Ausweitung kann der Zugang zum Lehrberuf erweitert und neue Zielgruppen gewonnen werden.
Als weitere Empfehlung für die Hochschulen wurde die Einführung eines Ein-Fach-Studiums vorgeschlagen. Dadurch wäre der Wechsel aus einem anderen MINT-Studium einfacher. Sinnvoll ist dies vor allem für das Fach Mathematik, da dort ein besonders hoher Bedarf besteht.
Neben dem Gewinn von Studierenden soll auch das Potenzial zugewanderter Lehrkräfte sowie von Quereinsteiger*innen ausgeschöpft werden. Dabei sei es besonders wichtig, die Anerkennung ausländischer Abschlüsse zu erleichtern. Außerdem wird für Quereinsteiger*innen eine länderübergreifende Regelung vorgeschlagen, um hochwertige Programme zu schaffen.
Auch für den Beruf als solches hat der Report einige Änderungsvorschläge: Zum einen sollten die Lehrkräfte durch den Ausbau von multiprofessionellen Teams, zum Bespiel Sozialarbeiter*innen oder IT-Fachkräfte, entlastet werden. Häufig übernehmen Lehrkräfte Tätigkeiten, welche über ihren Aufgabenbereich hinausgehen. Zum anderen regt das Autor*innenteam die Diskussion von finanziellen Anreizen in Form von Zulagen oder einem höheren Gehalt für Lehrkräfte im MINT-Bereich an. Schließlich empfiehlt der Report eine Erhöhung der in Vollzeit arbeitenden Lehrkräfte. Dem überdurchschnittlich hohen Anteil der in Teilzeit arbeitenden Lehrkräfte soll durch die Anpassung von Arbeitsbedingungen sowie der Schaffung von engeren Voraussetzungen für eine Teilzeitstelle entgegengewirkt werden.
Der MINT-Report ist eine Studie zu deutschen MINT-Themen, welche zweimal jährlich von dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln erstellt wird. Sie entsteht im Auftrag des Nationalen MINT Forums.
Zur Pressemitteilung des Nationalen MINT-Forums (mit Link zum Download der gesamten Studie)
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