Seit der Öffnung der Hochschulen durch den Beschluss der Kultusministerkonferenz im Jahr 2009 ist es auch für Menschen ohne klassische (Fach-)Hochschulreife möglich, ein Studium aufzunehmen. Ob sich eine solche Weiterqualifizierung lohnt und welche Auswirkungen diese auf die Studienorganisation hat, wurde am digitalen Stammtisch Offene Hochschule am 4. Juni 2024 diskutiert. Moderiert von Malgorzata Karpinska von der Koordinierungsstelle für Studieninformation und -beratung in Niedersachsen (kfsn) und Andreas Dörich von der Technischen Hochschule Lübeck stand der Austausch diesmal im Zeichen der Begegnung von Theorie und Praxis: Dr. Jessica Ordemann vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) präsentierte die im Rahmen ihrer Dissertation erhobenen Daten und erarbeiteten Ergebnisse zur Frage "Lohnt sich ein Studium ohne Abitur?", während Christiane Priester als Absolventin mehrerer Studiengänge ohne (Fach-)Abitur von ihren Erfahrungen als Studentin berichtete.
In ihrer Dissertation beleuchtet Frau Ordemann vor allem die wirtschaftlichen Erträge von Absolventinnen und -absolventen ohne Abitur anhand von Zahlen des Nationalen Bildungspanels (NEPS) und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Die erhobenen Ergebnisse seien positiv zu deuten: Ein (Fach-)Hochschulabschluss lohne sich, da beispielsweise Doppelabsolventinnen und -absolventen mit Bachelorabschluss verglichen mit traditionellen Berufsabschlüssen mehr verdienen. Neben einem höheren Einkommen und einer höheren Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt aufgrund der Kombination aus Berufserfahrung und akademischen Studium öffnen sich durch einen Hochschulabschluss auch Türen für eine weitere Bildungskarriere, beispielsweise in die Wissenschaft.
Ähnliches konnte Christiane Priester als Absolventin mehrerer Studienabschlüsse ohne Hochschulreife aus der Praxis berichten. Die gelernte Krankenschwester begann 2013 durch die sogenannte "3+3-Regelung" parallel zu ihrer Berufstätigkeit ein Vollzeitstudium an der Universität Vechta. Neben gesundheitlichen Gründen war auch die berufliche Weiterentwicklung eine Motivation für den Studienbeginn, was auch durch die erhobenen Daten von Frau Ordemann bestätigt wird. Trotz der Dreifachbelastung durch Arbeit, Studium und Familie absolvierte Frau Priester nach ihrem Bachelor in Sozialer Arbeit auch noch erfolgreich zwei Masterabschlüsse.
Aber lohnt es sich? "Natürlich, es lohnt sich", sind sich Frau Ordemann und Frau Priester am Ende des Austausches einig. "Ein Studium ohne Abitur lohnt sich. Es ist mutig, diese Entscheidung zu treffen. Vor allem, wenn man sich in einem höheren Alter mit den dort vorherrschenden familiären und beruflichen Verpflichtungen wissentlich dafür entscheidet" so Dr. Jessica Ordemann. Christiane Priester ergänzt: "Ich bin auch schon stolz darauf. Wie besonders mein beruflicher Werdegang ist, bekomme ich oft gespiegelt."
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